Am Kaisertempel schließt das letzte Gasthaus aus der Kaiserzeit

Wenige Jahre nach dem klassizistischen Erinnerungsmal eröffnete das Hotel Kaisertempel mit Restaurant und erlebte einen lebhaften Aufschwung als beliebtes Ausflugsziel.Bildpostkarte um 1900, Stadt- und Burgmuseum

Wenige Jahre nach dem klassizistischen Erinnerungsmal eröffnete das Hotel Kaisertempel mit Restaurant und erlebte einen lebhaften Aufschwung als beliebtes Ausflugsziel.Bildpostkarte um 1900, Stadt- und Burgmuseum

Das Restaurant am Kaisertempel ist zu. Sang und klanglos verabschiedet sich Wirt Joel Karsenty nach sechs Jahren in dem Traditionslokal. Mit dem Restaurant am Kaisertempel-Denkmal schließt in Eppstein das letzte der noch aus der Kaiserzeit stammenden Restaurants und Gasthäuser nach 128 Jahren.

Seinen Vermietern, Claudia und Manfred Piontke, bescheinigt der Wirt des Kaisertempels über alle Jahre und alle Krisen hinweg großes Verständnis und Unterstützung. Doch jetzt sei es Zeit für ihn zu gehen. Sein Koch, Salvatore Meloni habe sich bereits neu orientiert und zu seinem Restaurant in Hofheim ein Bistro eröffnet. Karsenty arbeitet künftig als Weinberater.

Nach einem guten Start für Karsenty 2019 mit Gastauftritten von Sterne-Köchen auf dem Staufen geriet die Gastronomie mit der Corona-Pandemie in eine Krise, noch währenddessen brachte die Erneuerung der Gimbacher Straße unterhalb der Zufahrt zum Kaisertempel zusätzliche Einschränkungen für das hoch über der Altstadt im Wald gelegene Restaurant. Die Baustelle zwischen Lorsbach und Hofheim sei vor allem für Koch Salvatore Meloni eine große Herausforderung gewesen, der nicht nur im Kaisertempel, sondern auch in seinem eigenen Restaurant „L’Opera“ in Hofheim Küchenchef ist. Nun stünden zwischen Lorsbach und Eppstein und auf der Bundesstraße 455 in Eppstein selbst die nächsten Baustellen an.

Auch Claudia Piontke fällt die Schließung des Restaurants schwer. Der Kaisertempel und das Restaurant sind für die Vorsitzende des Verschönerungsvereins (VVE) eine Herzensangelegenheit. Der Blick von der Terrasse des Restaurants sei einer der schönsten in Eppstein. Aber in den vergangenen Jahren habe sich das Restaurant, obwohl es seit der Corona-Pandemie wieder sehr gut lief, sowohl à la Carte in den Sommermonaten als auch im Winter mit vorangemeldeten Gesellschaften, zunehmend als Zuschussgeschäft entwickelt.

Hinzu kämen anstehende Sanierungsarbeiten für die Gastronomie und geänderte EU-Vorschriften, die mit zusätzlichen, enormen Kosten verbunden seien. Als Beispiel nennt sie die Kosten für die jährliche Wasserprobe für den hauseigenen Brunnen. Die würden sich für den Gastronomiebetrieb von jährlich 6000 auf 24 000 Euro vervierfachen. „Das ist einfach nicht mehr vermittelbar“, sagt Claudia Piontke.

Obwohl das Gebäude, das ehemalige Hotel am Kaisertempel, eng mit dem Bau des Kaisertempels verknüpft ist, müsse sie das Restaurant schweren Herzens schließen – Nach einer fast 130-jährigen Geschichte.

In ihrem Buch „Der Verschönerungsverein von 1878 – Ein Stück Eppsteiner Geschichte“ fasste die Historikerin Marga Weber, die ehemalige Vorsitzende des VVE, die Geschichte der Eppsteiner Hotels und Gasthäuser aus der Zeit um 1900 zusammen. Darin heißt es, dass nach dem Bau des Kaisertempels 1894 schnell deutlich wurde, dass der einfache Holzpavillon und die offene Halle neben dem neuen Kaisertempel nicht ausreichten, um alle Besucher des neuen Ausflugsziels auf dem Staufen zu verköstigen. Ein Hotel mit Gastronomie sollte her. 1897 wurde es feierlich eröffnet.

Nach anfänglich häufig wechselnden Pächtern kehrte 1925 mit Bruno Höller Beständigkeit ein. Er blieb über 40 Jahre. Mit der Familie Stalder zog 1967 wieder ein langjähriger Pächter ein, der das Gebäude 1972 kaufte. 1992 übernahm Sohn Remo Stalder das Haus und verpflichtete 2005 Aldo Grasso als Pächter.

Nach dessen Abschied 2015 gab es wieder mehrere Pächterwechsel. Inzwischen gehört das ehemalige Hotelgebäude mit Restaurant Manfred und Claudia Piontke, die ins Gebäude und ins Restaurant investierten. Neben zwei Wohnungen wurde ein modernes Büro eingebaut. Im Restaurant wurde die Küche modernisiert und vor allem die Terrasse mit dem sensationellen Blick über Alt-Eppstein ausgebaut und vergrößert. Die Suche nach einem Nachfolger für das Restaurant in exklusiver Lage war immer schwierig, denn für 80 Plätze brauche der potenzielle Pächter eine straffe Organisation und ein klares Konzept, sagt Piontke. Mit Joel Karsenty schien Piontkes das zunächst gelungen zu sein.

Feste Pläne für die Zukunft gebe es noch nicht, sagt Piontke. Die Stadt habe man schon im Herbst über die Aufgabe des Restaurants informiert. Ein Architekt bereite gerade eine Bauvoranfrage für einen Umbau vor. Ob künftig anstelle des Restaurants Wohnungen entstehen, sei auch davon abhängig, wie Kreis und Stadt zu einer solchen Umnutzung im sogenannten „Außenbereich“ stünden.

Das Wegerecht zum Kaisertempel werde davon auf keinen Fall angetastet und auch einige der Parkplätze wolle man für Besucher des Kaisertempels zur Verfügung stellen. bpa

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