Drei Jahre lang nutzte er zum Laden den eigenen Haushaltsstrom, schloss dazu einen dynamischen Stromvertrag ab, der ihm Tanken zu den günstigsten Zeiten ermöglichte. Einziges Manko an dieser Situation: Mandenge lebt in einer Mietwohnung in der Freiherr-vom-Stein-Straße in Bremthal, ohne eigene Garage oder Stellplatz mit privater Wallbox für das Laden seines Elektroautos.
Er wusste sich zu helfen. Da er im Erdgeschoss wohnt, legte er das Kabel von der Terrasse durch den Garten über den knapp 1 Meter schmalen Bürgersteig neben seinem Garten. Ein funktionaler Kabelkanal Marke Eigenbau sicherte das Kabel ab – drei Jahre lang sei der Kabelkanal nicht verrutscht, selbst wenn Skater oder jugendliche Radler drüber gefahren seien, versicherte Mandenge glaubhaft und führte seinen Kabelkanal vor.
Über diese unkonventionelle Lösung war er froh. Denn die Preise an öffentlich zugänglichen Stromtankstellen seien in diesen drei Jahren geradezu explodiert. Zeitweise zahlten Kunden bis zu 90 Cent pro Kilowattstunde. An einigen Standorten kämen noch Parkgebühren pro halbe Stunde für den Platz hinzu. Inzwischen sind die Strompreise etwas gesunken. Doch kommen die fallenden Strompreise laut ADAC nur langsam bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern an. Die Kosten fürs E-Auto-Laden an öffentlichen Ladesäulen hängen von den einzelnen Anbietern ab – ein Markt mit vielen unterschiedlichen Akteuren und unterschiedlichen Ladesystemen. An manchen Stationen wird mit Ladekarte gezahlt, an anderen der Stromfluss per App aktiviert.
Im Schnitt kostet die Kilowattstunde Strom an einer öffentlichen Ladestation fürs „spontane Laden“, also ohne tarifliche Bindung, aktuell rund 70 Cent. Günstiger wird es für Viellader, die einen Vertrag mit monatlicher Grundgebühr abschließen. Dann sinkt der Preis pro Kilowattstunde – in der Regel allerdings nur an den Ladesäulen des gebuchten Anbieters.
Alles in allem ist der Markt noch sehr unübersichtlich. Allerdings nicht in Eppstein: Dort gibt es ohnehin nur sechs Ladestationen – fünf davon langsame Stationen, an denen das Vollladen fünf bis zehn Stunden dauern kann. Zwei sind auf dem Parkplatz am Rathaus in Vockenhausen installiert, eine an den Parkplätzen in der Burgstraße in Höhe des Bahnhofs, eine in der Müllerwies und zwei in Bremthal, wobei es im Internet Klagen über die Zuverlässigkeit der Ladesäulen bei Tegut in Bremthal gibt, eigentlich der einzigen Station in Eppstein mit Schellladekapazität. Aus seiner Sicht, so Mandenge, seien das zu viele Faktoren, die gegen das Laden an öffentlichen Stationen sprechen, zumindest, wenn man ausschließlich darauf angewiesen ist.
Er hat inzwischen sein Elektroauto wieder abgeschafft und ist zurückgekehrt zum Benziner. Auslöser war im Sommer der Besuch eines Eppsteiner Ordnungspolizisten an seiner Haustür, der ihm erklärte, er dürfe sein Fahrzeug nicht auf der Straße laden. Es habe sich zwar niemand beschwert, aber das Verlegen eines Kabels sei dennoch unzulässig und könnte zu Unfällen führen. Mandenge suchte nach Alternativen und überlegte sogar, einen Schwenkarm am Gartenzaun zu errichten. Der sollte das Kabel in 2,5 bis 3 Meter Höhe über den Bürgersteig schwenken und senkrecht zum Auto herablassen. „Abgesehen von den Kosten für den Bau des Schwenkarms hätte die Stadt, falls sie ihn überhaupt genehmigt hätte, über 1000 Euro Nutzungsgebühr pro Jahr verlangt“, erzählt Mandenge mit Hinweis auf die Straßennutzungssatzung der Stadt.
Neben Sicherheitsaspekten und der hohen Gebühr war am Ende eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurts zu einem ähnlichen Fall in Frankfurt für Mandenge ausschlaggebend: Ein Privatmann wollte dort eine Sondernutzungserlaubnis einklagen, um das mit einem Kabelkanal gesicherte Ladekabel stundenweise über den Bürgersteig zu führen. Das Verwaltungsgericht bestätigte jedoch die Entscheidung der Stadt Frankfurt, die das abgelehnt hatte mit der sinngemäßen Begründung, die Sicherheit der Fußgänger habe Vorrang vor den Privatinteressen des Elektroauto-Fahrers oder den Klimaschutzzielen der Bundesregierung.
Alles schön und gut, fand Mandenge. Dann seien die Kommunen im Gegenzug jedoch verpflichtet, für eine ausreichende Infrastruktur für diejenigen zu sorgen, die keine Lademöglichkeit auf dem eigenen Grundstück haben, und dazu beizutragen, dass die Tarife an öffentlichen Ladesäulen bezahlbar bleiben.
Hannover beispielsweise rühmt sich mit dem größten E-Ladenetz unter deutschen Großstädten und will unter anderem bis 2026 weitere 1300 öffentlich zugängliche Ladepunkte aufbauen. Hamburg setzt auf einen Mix mit den städtischen Energiewerken und privaten Partnern. Bis 2027 sind 7000 neue Ladepunkte in der Hansestadt geplant, bis 2030 werden 10 000 angestrebt.
Für Bürgermeister Alexander Simon ist das Thema nicht neu. Allerdings könne eine Kleinstadt wie Eppstein kein eigenes Ladenetz aufbauen, zumal viele Eppsteiner im eigenen Heim wohnen, wo sie den eigenen Strom nutzen. Deshalb könne die Stadt nur Anbieter suchen, die an geeigneten Stellen Ladestationen errichten. Zwei weitere sollen, wie berichtet, am neuen Parkplatz An der Embsmühle aufgestellt werden. Außerdem sind in Simons Augen auch die Vermieter in der Pflicht. Sie könnten in größeren Wohneinheiten Elektroladestationen mit Wallboxen und Abrechnungssystemen einrichten – aus Sicht des Klimaschutzes gern in Verbindung mit Solaranlagen auf dem Dach.
Zwar gibt es einen grundsätzlichen Anspruch für Mieter auf eine Lademöglichkeit für ein Elektroauto, allerdings nur, wenn Stellplätze vorhanden sind. Eine Wallbox für den gemieteten Stellplatz müssen Mieter selbst finanzieren. Vorher müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. So sind zum Beispiel viele Hausanschlüsse und häufig auch das örtliche Stromnetz nicht auf die erhöhte Stromanfrage ausgelegt, sobald mehrere Elektroautos in mehreren Miethäusern versorgt werden sollen.
Für seine Mehrfamilienanlage In der Müllerwies hat der Eppsteiner Bauherr Matthias Werner nach etlichen Verhandlungen, unter anderem mit dem Grundversorger Süwag und auf Wunsch der Bewohner, in der Tiefgarage Stromversorgung für E-Autos installiert. „Tatsächlich muss der Grundversorger sicherstellen, dass die Stromkapazität in einem Wohngebiet für eine Ladestation in einem Mehrfamilienhaus ausreicht“, erläutert Matthias Werner die einzelnen Schritte bis zur Installation einer Ladestation.
Die Solaranlagen auf dem Dach der Häuser in der Müllerwies seien dabei ein wichtiges Argument gewesen. Sie liefern Mieterstrom. Inzwischen gibt es mehrere Wallboxen in der Tiefgarage für die Fahrzeuge der Bewohner, die untereinander vernetzt sind, um die bestmögliche Leistung zu bringen, ohne das Stromnetz zu überlasten, und zwei öffentliche Anschlüsse an einer Station auf einem Parkplatz neben den Häusern.
An den Ladestationen in der Tiefgarage zahlen die Mieter neben einer monatlichen Grundgebühr fürs Laden den gleichen Kilowatt-Preis wie für den Haushaltsstrom. Die Servicegebühr von aktuell 49 Euro pro Monat enthalten die Kosten für die Stromversorgungsgrundgebühr, den Betrieb der Ladestation, das Verwalten der Ladekarten, den Support, jährliche Wartung, Reparatur und Abrechnung. Bei einem Strompreis von 30 Cent pro KwH, einer Fahrleistung von 20 000 Kilometer pro Jahr bei einem Verbrauch von 20 KwH auf 100 Kilometer für einen Mittelklassewagen entstünden Stromkosten von 1200 Euro und eine Servicegebühr von 588 Euro im Jahr, rechnete Werner vor, das seien 45 Cent pro KwH. Das entspreche Stromkosten von 9 Euro pro 100 Kilometer. Umgerechnet auf den Benzinverbrauch für 100 Kilometer, sind das etwa 5 Liter.bpa
Kommentare