Bei der Krönung schien die Sonne

Burgfräulein Luise I. flanierte mit ihrem Gefolge, Hofdame Maribel und Junker Daniel, über das Burgfest und wurde von vielen Besuchern auf Autogrammkarten angesprochen. Foto: Julia Palmert

Burgfräulein Luise I. flanierte mit ihrem Gefolge, Hofdame Maribel und Junker Daniel, über das Burgfest und wurde von vielen Besuchern auf Autogrammkarten angesprochen. Foto: Julia Palmert

Um es vorweg zunehmen. Das 52. Burgfest zum 50-jährigen Bestehen des Burgvereins war ein glänzendes Fest, wenn auch mit einigen Wetterkapriolen am Samstagabend. Die Band Faltenrock musste ihre Instrumente gegen 22 Uhr ins Trockene bringen.

Pünktlich vor den ersten Tropfen holten die Landsknechte die letzten Steaks vom Grill. Gefeiert wurde weiter, selbst wenn die Gäste unter Torbogen und Mauernischen Schutz vor Regenschauern suchen mussten.

Rund 1600 Besucher kamen an den beiden Hauptfesttagen auf die Burg. Bei der Krönung des neuen Burgfräuleins Luise I. am Sonntagmittag strahlte die Sonne mit der neuen Majestät um die Wette. Schirmherr Philipp Fürst zu Stolberg-Wernigerode übernahm gern die Aufgabe, der 17-jährigen Luise Victoria Genseke die Krone aufs Blondhaar zu setzen.

Gefolgt von Hofdame Maribel und Junker Daniel hielt Burgfräulein Luise danach im Palas Hof, wo sie unzählige Autogrammkarten signierte und für jeden ein freundliches Wort hatte.

Die Krönung des ersten Burgfräuleins ist der Beginn einer neuen Tradition

Der Burgverein, allen voran Vorsitzender Ramon Olivella, waren nach dem Wochenende erschöpft, aber glücklich: Sämtliche Eintrittsbuttons waren verkauft. Trotz des spät einsetzenden Regens am Samstagabend war die Stimmung auf dem Burgfest gut. Statt Bier orderten viele Gäste Wasser oder Apfelwein. Auch die Cocktails an der Bar auf dem Mainzer Keller waren bei den sommerlichen Temperaturen gefragt. In der Weinbar im Palas wurden Flammkuchen im Akkord gebacken. „Mit 20 000 Euro Umsatz haben wir die gleichen Zahlen wie in den vergangenen Jahren erreicht, damit sind wir sehr zufrieden“, zog der neue Kassierer Stefan Sperzel Bilanz. Seit 50 Jahren, so Olivella, unterstütze der Burgverein die Stadt bei der Erhaltung ihres Wahrzeichens. Die Einnahmen aus dem Burgfest seien ein wichtiger Beitrag. Dank vieler ehrenamtlicher Helfer funktionierte der Ablauf reibungslos.

Der Cube, die Containerbar im Halsgraben, sei wieder gut angenommen worden. Auch mit dem Team vom Kaisertempel-Restaurant am Essensstand funktioniere die Zusammenarbeit auf dem Burghof sehr gut.

Vor dem Eiswagen im Burghof standen die Kinder am Sonntagmittag Schlange. Die Kemenate füllte sich schnell mit hungrigen Gästen. Über 30 selbst gebackene Kuchen waren innerhalb kürzester Zeit ausverkauft, darunter auch einfallsreiche Kreationen wie ein Jubiläumskuchen zum 50-jährigen Bestehen des Burgvereins oder ein Schokoladenkuchen in Form einer Burg mit Fähnchen in den Eppsteiner Farben.

Langjährige Helferinnen wie Daniela Wißkirchen freuten sich über einige neue Gesichter hinter der Kuchentheke. So bot Liane Eppstein, Tochter des früheren Schirmherrn Oskar Eppstein und illegitime Nachfahrin des Eppsteiner Adelshauses, spontan ihre Hilfe an und beschloss gleichzeitig, Mitglied im Burgverein zu werden: „Ich kenne die Geschichte der Burg aus vielen Vorträgen von Bertold Picard. 1987 habe ich sogar auf der Burg geheiratet“, zählte die Glashüttenerin lachend einiges auf, was sie mit der Burg verbinde.

Eine neue Verbindung knüpfte der Burgverein in diesem Jahr zum Nachfahren der Grafen von Eppstein, Philipp Fürst zu Stolberg-Wernigerode, dessen Urgroßvater die Burg 1929 Eppstein schenkte (siehe Bericht S. 9). Er kam mit Ehefrau Leonille, Tochter Eloïse und Nichte Elise. Die beiden zwölfjährigen Mädchen ließen sich sofort als Helferinnen fürs Kasper-Theater am Sonntagnachmittag engagieren. Sie assistierten Bertold Picard, der den Riesen in der Sage zur Gründung der Burg spielte, und machten bei seinem Auftritt ordentlich Krach. Das wiederum erschreckte einige der kleineren unter den rund 80 Zuschauern im Altangarten. Dennoch war auch die zweite Aufführung wieder gut besucht.

Der Fürst übernahm die Aufgabe, das erste Burgfräulein des Burgvereins zu inthronisieren. Er sei überzeugt, dass diese neue Tradition die Burg Eppstein noch bekannter machen und dem Burgverein beim Erhalt der Burg helfen werde, sagte er in seinem Grußwort. Er sei froh, so der Fürst, als Nachfahre der früheren Burgbesitzer nicht nur ein Teil der gemeinsamen Vergangenheit zu sein, sondern als Schirmherr auch Teil einer gemeinsamen Gegenwart und Zukunft.

Die Eppsteiner Rotte, die Mittelaltergruppe des Burgvereins, hatte Zelte im Ostzwinger bezogen. Dort zeigten die Frauen alte Handarbeitstechniken wie Nadelbinden, Bändchenweben oder Sticken, während die Männer den Besuchern Waffen und eine Rüstung zeigten. Franco Nungesser kam als Pilger mit Pilgerhut, Stab und Trippen – Spezialschuhen aus Holz.

Mit einer kurzen Kampfszene lenkten die Mittelalterdarsteller die Aufmerksamkeit der Besucher zum Burghof, bevor Burgfräulein Luise dort offiziell gekrönt wurde: Benjamin Peschke forderte als Lehnsmann Eberhards von Eppstein-Königstein dessen Verlobte Agnes von Eppstein-Münzenberg, auf, zu Eberhard zurückzukehren und dessen Widersacher Emig von Meiningen zu verlassen. Wütend ging er mit dem Schwert auf Emig los. Erst das selbstbewusste Eingreifen von Agnes brachte die beiden zur Vernunft – und besiegelte das Ende des Hauses Eppstein. Agnes hatte Emig längst heimlich geheiratet. Sie bekommt mit ihm elf Kinder. Eberhard heiratete zwar, blieb aber kinderlos. Seine Schwester Anna heiratete Botho von Stolberg, der den Beinamen „der Glückliche“ erhielt, und sorgte wie Agnes dafür, dass die Eppsteiner zumindest in der weiblichen Linie fortbestehen.

Nach dem Krönungszeremoniell standen zunächst die Kinder Schlange, um von Burgfräulein Luise I. eine Autogrammkarte zu ergattern. Geduldig ließ sie sich Vornamen buchstabieren und schrieb persönliche Widmungen. Viele Mädchen trugen zur Feier des Tages selbst Tüllkleider und Kränze im Haar.

Mentorin Nicole Mackovic war die Erleichterung anzusehen. Nach der Anspannung der vergangenen Monate flossen bei Luise und ihr ein paar Tränen, die aber schnell wieder trockneten. Beide freuten sich über Besuch aus Königstein: Birgit Becker, Präsidentin des Königsteiner Burgvereins, und die Schneiderinnen Stefanie Reul und Ela van der Heijden, die Luises Robe genäht hatten, kamen jetzt zu ihrer Krönung.bpa

Vor dem großen Ansturm aufs Kuchenbuffet stellten sich die Helferinnen zum Gruppenfoto auf. Fotos: Julia Palmert

Weitere Artikelbilder:

Kommentare

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.
Sicherheitsprüfung
Diese Frage hat den Zweck zu testen, ob Sie ein menschlicher Benutzer sind und um automatisierten Spam vorzubeugen.
4 + 6 =
Lösen Sie diese einfache mathematische Aufgabe und geben das Ergebnis ein. z.B. Geben Sie für 1+3 eine 4 ein.


X