Eine vergleichbare Situation habe sie in ihren über 20 Jahren in Eppstein noch nicht erlebt: In den vergangenen Jahren sind die Ausgaben kontinuierlich gestiegen – zuletzt seit 2020 im Schnitt um mehr als eine Million Euro pro Jahr. Der aktuelle Haushaltsentwurf erreicht mit 44,5 Millionen Euro eine neue Rekordmarke.
Damit halten die Einnahmen bei Weitem nicht Schritt. Die Schere, so Bergold, klaffe immer weiter auseinander. Nach vielen internen Beratungen in der Verwaltung und im Magistrat stehe für sie fest: Ohne eine massive Erhöhung der Grundsteuer B könne sie keinen genehmigungsfähigen Haushalt einbringen. Um das Defizit zwischen Ausgaben und Einnahmen einigermaßen auszugleichen, schlägt die Kämmerin einen fast doppelt so hohen Hebesatz vor wie den, den das Finanzamt ausgerechnet hat, um die Grundsteuereinnahmen für die Kommunen auf dem bisherigen Niveau zu halten. In Eppstein waren das ein neuer Hebesatz von 7,41 und Einnahmen von 3,6 Millionen Euro. Nun soll ein neuer Hebesatz von 1450 die Grundsteuer auf 6,7 Millionen Euro erhöhen.
Die Mehreinnahmen von 3,1 Millionen Euro reichen zwar immer noch nicht, um den Haushalt auszugleichen. Die dann noch fehlenden 500 000 Euro sollen jedoch aus einer außerordentlichen Rücklage finanziert werden.
Im aktuellen Haushalt für 2025 fehlen weit über 3 Millionen Euro. Aber nicht etwa, weil die Stadt einen neuen Kindergarten baut oder zu viel Geld für die Straßensanierung ausgäbe: Knapp 3 Millionen Euro Mehrkosten verzeichnet Bergold allein durch Faktoren, die die Stadt gar nicht beeinflussen könne: Zum Beispiel durch Tariferhöhungen bei den Personalkosten. Löhne und Gehälter steigen um über 600 000 Euro auf fast 9,3 Millionen Euro. Die Kreisumlage, mit der beispielsweise Krankenhausversorgung oder Jugendhilfe finanziert werden, steigt um fast 900 000 Euro an.
Gleichzeitig verzeichnet die Stadt erneut niedrige Gewerbesteuereinnahmen von 3,8 Millionen Euro – Obwohl der Hebesatz auf 380 angehoben wurde. Bergold führt das auf die anhaltende wirtschaftliche Stagnation zurück.
Auch bei den sogenannten freiwilligen Leistungen, wie Vereins- und Kulturförderung, Jugendarbeit, Tourismus, Landschaftspflege oder Zuschüsse für die Tafel könnten kaum noch nennenswerte Einsparungen erreicht werden. Ihr Anteil beläuft sich auf 2,1 Millionen Euro, nicht einmal fünf Prozent des Gesamthaushalts. Kürzungen müssten politisch betrachtet werden, so die Kämmerin, bedürften also einer Entscheidung der Stadtverordneten.
Ausgaben steigen, Einkünfte sinken
Investiert werden 3,3 Millionen Euro, davon 1,6 Millionen Euro in den Neubau der Kita An der Embsmühle. Gebaut wird diese Einrichtung, um das Recht von Kindern auf einen Kindergartenplatz umzusetzen – und, um den auf Dauer teureren provisorischen Kindergarten im Mietcontainer im Eppenhainer Weg wieder abzubauen. Jeweils ein neues Fahrzeug wird für Feuerwehr und Bauhof angeschafft, und knapp 70 000 Euro für eine Photovoltaikanlage am Bauhof bereitgestellt. Zur Finanzierung der Investitionen will die Stadt einen Kredit über 2,9 Millionen Euro aufnehmen.
Insgesamt stieg der Schuldenberg der Stadt 2024 um 3,2 auf 37,6 Millionen Euro an.
Sparen und Konsolidieren seien ihre Begleiter seit sie in Eppstein ist, sagte die Erste Stadträtin. Das jüngste Haushaltssicherungskonzept greife zwar, Erfolge seien aber nicht immer sichtbar und wurden in den vergangenen Jahren häufig von Preissteigerungen aufgefressen. Ein Beispiel dafür sei die fast abgeschlossene Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED. Ohne die neuen Energiesparleuchten, fielen die gestiegenen Stromkosten noch „um ein Vielfaches höher aus als jetzt“, zählte Bergold ein Beispiel auf.
Auch die Kosten für Instandsetzungsmaßnahmen seien deutlich gestiegen: Eine neue Heizung für eines der vielen alten städtischen Gebäude zum Beispiel schlage inzwischen deutlich höher zu Buche als noch vor einigen Jahren. Das gelte grundsätzlich für alle Instandsetzungsarbeiten.
Die zahlreichen Aufgaben, die von Bund und Land auf die Kommunen übertragen würden, müssten in der Regel von den Kommunen bezahlt und der Mehraufwand von den Mitarbeitern umgesetzt werden, führte Bergold aus und nannte als Beispiel die kommunale Wärmeplanung, aufwendige Genehmigungsverfahren oder Vergaberichtlinien, das Bürgergeld, die Einrichtung von Flüchtlingsunterkünften und Obdachloseneinrichtungen. Sie fordert deshalb von Bund und Land: „Wer eine Leistung veranlasst, muss sich auch um eine auskömmliche Finanzierung kümmern.“bpa
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