Hessen hat viele naturnahe und alte Buchenwälder

Blick vom „Kippel“ über die Wälder bei Ehlhalten.Foto: Beate Schuchard-Palmert

Blick vom „Kippel“ über die Wälder bei Ehlhalten.Foto: Beate Schuchard-Palmert

Vor knapp 40 Jahren wurde die erste Bundeswaldinventur für ganz Deutschland vorgenommen. Damals machte das „Waldsterben“ als Folge des sauren Regens Schlagzeilen. Den sauren Regen versuchten die Forstämter in den vergangenen Jahrzehnten dank großflächiger Bodenkalkung zu kompensieren.

Dennoch ist der Wald auch 40 Jahre nach den ersten Meldungen über sauren Regen in keinem guten Zustand und die CO2-Bilanz des Waldes seit einigen Jahren sogar besorgniserregend.

Vor wenigen Tagen legte Landwirtschaftsminister Cem Özdemir die vierte Bundeswaldinventur (BWI) vor. Sie wird etwa alle zehn Jahre vorgenommen. Der aktuelle Bericht spiegelt den Zeitraum von 2012 bis 2022 wider. Fast ein Drittel der Fläche Deutschlands ist Waldgebiet. Aber immer noch gibt es darunter riesige Flächen an Monokulturen, die vorwiegend der Holzproduktion dienen. Diese Baumplantagen sind für die Folgen der Klimaerwärmung besonders anfällig und tragen dazu bei, dass der Wald in den vergangenen Jahren mehr CO2 freigesetzt hat als er speichern kann. Konkret bedeutet das, dass der überwiegende Verlust an Bäumen durch Stürme und Dürre sowie Käferbefall größer ist als der Zuwachs an lebender Biomasse. Seit 2017 hat der Wald demnach als Kohlenstoffspeicher versagt und wurde erstmals seit Jahrzehnten, zumindest rein rechnerisch zur Kohlenstoffquelle. Auch für Hessen liegt inzwischen der Bericht der jüngsten Waldinventur vor. Auch in einem der waldreichsten Bundesländer hat die sogenannte „Senkenleistung“, mit der die Funktion des Waldes als Kohlenstoffsenke bemessen wird, um 40 Prozent abgenommen. Dennoch kompensieren Hessens Wälder noch rund ein Sechstel aller Treibhausgasemmissionen des Landes.

Hessen ist prozentual gesehen weiterhin eines der waldreichsten Bundesländer. Mit einem Waldflächenanteil von 42,5 Prozent liegt Hessen hinter Rheinland-Pfalz auf Platz zwei. Der durchschnittliche Waldanteil in Deutschland liegt bei 32 Prozent, in der europäischen Union liegt er bei 39 Prozent. Die 898 000 Hektar große Waldfläche in Hessen ist sogar geringfügig größer geworden.

Unter allen Bundesländern hat Hessen außerdem den höchsten Anteil an Wäldern mit einer sehr naturnahen Baumartenzusammensetzung. Etwa die Hälfte das Waldes wird als naturnah eingestuft, weitere 30 Prozent als „eher naturnah“. Außerdem sei Hessen das Buchenland schlechthin, formulierte Forstminister Ingmar Jung: Auf etwa einem Drittel der Waldfläche stehen Buchen. Ein Viertel davon in Wäldern, die älter als 140 Jahre sind.

Zwei Drittel der Waldfläche in Hessen ist mit Laubbäumen bestockt. Der Anteil der Eiche beträgt 14 Prozent, gefolgt von Fichte (13 Prozent) und Kiefer (neun Prozent). „Auch in Hessen sind die Waldschäden durch Stürme, Dürre und Insektenbefall massiv“, sagte Jung. Andererseits sei der Anteil älterer und ökologisch höher bewerteter Wälder, insbesondere bei den Baumarten Eiche und Buche, trotz der Dürrejahre seit 2018 gestiegen. Insgesamt betrachtet hat die Baumartenvielfalt im hessischen Wald weiter zugenommen. Das Vorkommen von Birke, Bergahorn, Hainbuche, Vogelbeere und Vogelkirsche ist gestiegen. In Anbetracht des Klimawandels bewertet die BWI die größere Vielfalt im Baumartenspektrum positiv.

Auch abgestorbene Bäume und Äste sind ein wichtiger Lebensraum. Mit knapp 40 Kubikmetern Totholz je Hektar liegt Hessen bundesweit an der Spitze. Der Holzvorrat in den hessischen Wäldern sank dagegen im Zeitraum von 2012 bis 2022 um insgesamt 32,5 Millionen Kubikmeter, also um rund zehn Prozent. Die Zahl entspricht in etwa den Ernteausfällen bei der Fichte. „Diese Zahlen machen die immensen Verluste in den Jahren 2018 bis 2022 im hessischen Wald deutlich und welch großen Belastungen Waldbesitzer und Forstleute ausgesetzt sind“, so Forstminister Jung. Ein Viertel des Waldes ist in Privatbesitz, der Rest ist öffentlicher Wald, der zur Hälfte dem Staat und zur Hälfte den Kommunen gehört.

Der jährliche Zuwachs an Holz gilt als wichtiger Indikator für die Vitalität der Bäume. Er hat sich bei allen Baumarten in den vergangenen Jahren um rund 20 Prozent reduziert und sank von elf auf etwa neun Vorratsfestmeter je Jahr und Hektar. Während der langanhaltenden Trockenphase von 2018 bis 2022 war er vermutlich noch niedriger. Trotz aller Rückschläge ist der Wald laut Jung ein wichtiger Kohlestoffspeicher: Alle vier Sekunden wächst im hessischen Wald ein Kubikmeter Holz und entzieht der Atmosphäre rund 1,4 Tonnen CO2.

In einigen Punkten weicht die BWI von den Ergebnissen der neuen Forstbetriebsplanung für den Eppsteiner Stadtwald ab, bestätigte Revierförster Peter Lepke auf Anfrage. So sei die Buche im Eppsteiner Wald mit einem Flächenanteil von 45 Prozent mit Abstand die dominierende Baumart, gefolgt von der Eiche mit 29 Prozent. Diese Dominanz und etliche schwierige Standorte in Eppstein mit trockenen und steilen Hanglagen führten dazu, dass die Prognose für die Buche in Eppstein nicht so positiv ausfällt wie für ganz Hessen. Vor allem bei älteren Buchen könne Trockenstress in den nächsten Jahren zum Absterben führen. Deshalb setzt Eppsteins Förster künftig auf Eiche, Douglasie, Küstentanne, Bergahorn und Winterlinde als führende Baumarten.

Ziel der vierten Bundeswaldinventur seit 1986 ist die Erfassung der großräumigen Waldverhältnisse und forstlichen Produktionsmöglichkeiten, um Grundlagen für forst-, handels- und umweltpolitische Planungen zu schaffen.

Die Broschüre zur vierten Bundeswaldinventur (BWI 4) für Hessen steht unter: https://landwirtschaft.hessen.de/waldbpa

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